Kruselerfigürchen - Aus dem Depot geholt V
Bayreuth, 14. September 2024
Hier das letzte Stück aus der Sammlung Xaver Spannrad das wir hier vorstellen wollen. Das Fragment eines Kruselerfigürchens. Wie so ein Püppchen im Ganzen aussieht, zeigt übrigens wunderbar der Objektkatalog des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg.
Namensgebend für solche Figürchen ist die auffällige Kopfbedeckung der dargestellten Dame, der sogenannte Kruseler. Dabei handelt es sich um eine Haube, welche aus einem Leinenstoff mit gewelltem Rand, in mehreren Lagen gelegt wurde. Genauer gesagt ist es bei diesem Püppchen hier, ein Risen-Kruseler. Also eine Kruseler-Haube mit einer Rise aus dem selben Stoff. Dabei ist die Rise ein Tuch, dass zusätzlich noch Kinn, Wangen und Hals der Trägerin bedeckt (siehe auch unterstes Bild). Der Herstellungszeitraum der Kruselerfigürchen lässt sich relativ klar in die Zeit zwischen der Mitte des 14. und der Mitte des 15. Jahrhunderts eingrenzen (1). Hergestellt wurden sie, indem man den Ton in ein Model eindrückte welches die Vorderseite der Figur wiedergibt. Die Rückseite wiederum ist frei von Hand modelliert. Als Produktionszentrum wird Nürnberg angenommen. Dort konzentriert und über Süddeutschland verteilt finden sie sich auch am häufigsten, im übrigen Europa dagegen eher selten (2). Es wird vermutet, dass sie ganz profan Kinderspielzeug waren. Püppchen, nach der neuesten Mode gekleidet, wie die Damen der Highsociety ihrer Zeit. (3).
Leider ist, wie bei den meisten hier gezeigten Stücken aus der Sammlung Xaver Spanrad, die sich heute im Archäologischen Museum Bayreuth befindet, nichts überliefert. Deshalb hier und der Vollständigkeit halber, die Fakten die das Fundstück selbst liefern kann:
Fundort: Unbekannt
Datierung: Unbekannt
Größe: Breite 2,9 cm, Höhe 7,5 cm erhalten, Dicke bis zu 2,5 cm
Warenart: Sog. Pfeifenton. Bruch und Oberfläche nahezu weiss. Keine Magerungspartikel feststellbar. Hart gebrannt.
Bei den Recherchen zu diesem Figürchen, stießen wir auf der Homepage des Landschaftsmuseum Obermain, auf die Zeichnung eines in Dreuscheldorf (Oberfranken) gefundenen und aussergewöhnlich ähnlichen Exemplars. Vielleicht aus der selben Werkstatt, aber wohl nicht aus dem selben Model. Leider ist hier auch nicht mehr als der Fundort publiziert.
Deshalb hier und jetzt noch eine Bitte: Wie schon oben erwähnt, fehlt für das hier gezeigten Stück aus der Sammlung Xaver Spanrad die Provenienz. Vielleicht kennt aber jemand von Euch, ein identisches Stück. Sozusagen eine Zwillingsschwester aus der gleichen Form. Das wiederum könnte dann dem Archäologischen Museum Bayreuth dabei helfen, das hier gezeigte Stück einzuordnen. Schreibt uns. Mail genügt.
Tipp zum Thema: Schaut doch mal bei der Damasthandweberei vorbei. Dort wird nämlich seit 2006 wieder das (Kruseler)Schleiertuch mit seinem typischen Wellenrand produziert und ist dort (meist) auch vorrätig.
1) Löw 2002, S. 64
2) Schmid-Willers 2021, S. 102
3) Ebd. S. 105
Unterstes Bild: Hl Dorothea. Frauenkirche Nürnberg. Vorhalle.Nordseite (aussen). 2. Hälfte 14. Jahrhundert.
Henkelkrug - Aus dem Depot geholt IV
Bayreuth, 11. August 2024
Noch so ein rätselhafter Fund aus der Sammlung Xaver Spanrad. Ein kleines Henkelgefäß. Eventuell tatsächlich ein Krug. Vielleicht aber auch ein Becher. Wobei wir, trotz der geringen Größe, zu Krug tendieren. Aber wie dem auch sei, er ist er ein schönes Beispiel für "Bemalte Feinware". Als Gattungsbegriff liest man auch immer wieder "Ware Pollenfelder Art" oder einfach „Pollenfelder Ware“. Ob dieses Stück aber allerdings tatsächlich aus dem namensgebenden Pollenfeld (bei Eichstätt) stammt, ist natürlich nicht zu sagen. Klar sind nur die Fakten die der Krug selbst liefern kann.
Fundort: Unbekannt - möglicherweise Kulmbach
Datierung: Unbekannt
Größe: RDm 8 cm, Dmax. 10,2 cm, BDm 7,4 cm, H 11,4 cm
Warenart: Gelblich beige mit rotbrauner Engobebemalung an Henkel und Gefässschulter. Samtige Obefläche, feine Magerungspartikel bis max. 0,6 mm, keinerlei Drehspuren. Mittelhart bis hart gebrannt.
Zum Schluss noch einmal unsere Bitte: Leider fehlt auch zu diesem Stück aus der Sammlung Xaver Spanrad die Provenienz. Aber vielleicht kennt ja der eine oder andere von Euch vergleichbare oder ähnliche Funde oder Scherben von vergleichbaren Stücken, welche uns und dem Archäologischen Museum Bayreuth dabei helfen könnten, dieses Stück einzuordnen. Schreibt uns. Mail genügt.
Kochtopf - Aus dem Depot geholt III
Bayreuth, 21. Juli 2024
Eigentlich fällt uns nichts ein, was man über einen solchen Topf noch (siehe hier in Blog 28. Januar 2024) sagen könnte, oder was nicht schon über solche mittelalterlichen Töpfe gesagt worden ist. Und auch über diesen Topf aus der Sammlung Xaver Spanrad, die sich heute im Archäologischen Museum Bayreuth befindet, wissen wir auch nicht mehr als die unten stehenden Fakten, die uns der Topf selbst geliefert hat. Außer vielleicht, dass es sich wohl tatsächlich um einen Kochtopf handelt. Die heute noch deutlichen (fest anhaftenden) Verkrustungen im Topf legen das nahe. Auch eine vorsichtige Idee zur Datierung haben wir zwischenzeitlich erhalten. Einen ehrenamtlichen Restaurator der Stadtarchäologie Nürnberg, erinnert er an Nürnberger Töpfe aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts.
Trotzdem hier noch eine Bitte: Da uns, wie gesagt, zu diesem Stück jedwede Provenienz fehlt, vielleicht kennt ja der eine oder andere Leser vergleichbare oder ähnliche Funde, bzw. Scherben vergleichbarer Stücke, die uns und dem Archäologischen Museum helfen könnten, dieses Stück aus der Sammlung Xaver Spanrad einzuordnen. Schreibt uns. Mail genügt.
Fundort: Unbekannt
Datierung: Unbekannt
Größe: RDm 11 cm, Dmax. 12,4 cm, BDm 6,7 cm, H 12 cm
Rand: Leistenrand, mässig unterschnitten und ohne Deckelfalz.
Warenart: Im Kern beige, an der Oberfläche hell- bis mittelgrau. Die Oberfläche erscheint aussen anthrazitfarbig beschichtet. Magerungspartikel von 1,1 bis 1,5 mm, selten 1,8 mm und grösser. Aussen kaum sichtbare Drehspuren, innen schwache Drehspuren. Mittelhart gebrannt.
Sonstiges: Deutlich sichtbare Anhaftungen an der Gefässinnenseite.
RDm = Randdurchmesser, Dmax. = Maximaler Durchmesser, BDm = Boderdurchmesser, H = Höhe.
Fünfpassbecher - Aus dem Depot geholt II
Bayreuth, 7. Juli 2024
Dass es, wenn auch nicht so häufig, Mehrpass(trink)becher auch mit mehr als vier "Pässen" gibt ist hinlänglich bekannt. Ein sehr schönes Beispiel dafür haben wir hier für Euch. Ebenso wie schon der hier letzte Woche (30. Juni 2024) vorgestellte Vierpassbecher gehört dieses Stück in die Sammlung Xaver Spanrad, die heute im Archäologischen Museum Bayreuth aufbewahrt wird.
Leider ist über dieses Stück nichts bekannt, außer dass es vermutlich in Ebermannstadt gefunden wurde. Abgesehen davon, bleiben nur die Fakten, die uns der Becher selbst liefern kann.
Fundort: Ebermannstadt (Oberfranken)
Datierung: Unbekannt
Größe: RDm 12 cm, Dmax. 11 cm, BDm 7 cm, H 12 cm
Warenart: Mittelgrau, Oberfläche dunkelgrau bis anthrazit, Scherben erscheint wie gemantelt. Magerungspartikel von 0,9 - 3,7 mm. Mittelhart gebrannt.
Und nun noch eine Bitte: Vielleicht könnt Ihr für uns und das Archäologische Museum Bayreuth die Herkunft dieses Bechers verifizieren. Eventuell kennt ja sogar jemand von Euch den genauen Fundort in/um Ebermannstadt. Oder jemand von Euch kann uns und dem Museum über einen Hinweis zu vergleichbaren Fundmaterial aus der Region, bei der Datierung helfen. Schreibt uns. Mail genügt.
RDm = Randdurchmesser, Dmax. = Maximaler Durchmesser, BDm = Boderdurchmesser, H = Höhe.
Vierpassbecher - Aus dem Depot geholt
Bayreuth, 30. Juni 2024
Das Archäologische Museum Bayreuth hat uns erfreulicherweise wieder einmal in sein Depot eingeladen. Diesmal wurde für uns eine Auswahl mittelalterlicher Stücke aus der Sammlung Xaver Spanrad aus dem Regal geholt. Leider gibt es zu den Stücken nicht viel zu sagen. Herr Spanrad hat für die meisten der uns gezeigten Stücke die jeweilige Provenienz, vor seinem Ableben im Sommer 2020, nicht weitergegeben. Dennoch ist es uns ein Anliegen die Stücke hier bei uns im Blog mit Euch zu teilen. Und vielleicht gelingt es uns auf diesem Weg gemeinsam mit Euch, über vergleichbare Funde mehr über das jeweilige Stück herauszufinden.
Beginnen wollen wir mit dem prominentesten und einzigen Stück mit Provenienz aus der Sammlung, einem Vierpass(trink)becher. Dieser war nämlich bereits 1997 in der Ausstellung "Ritter Burgen Dörfer - Mittelalterliches Leben in Stadt und Land" im Fränkische Schweiz-Museum Tüchersfeld zu sehen. Und bevor wir jetzt noch lange herumtippen … hier die Fakten:
Fundort: Im Fluß Trebgast bei Harsdorf (Oberfranken).
Datierung: Anfang 14. Jahrhundert.
Größe: RDm 9,7 cm, Dmax. 10,2 cm, BDm 8 cm, H 15 cm.
Warenart: Elfenbeinfarbig, Oberfläche rötlich beige bis rotbraun. Oberfläche der Gefässinnenseite kreidig. Magerungspartikel
von 0,8 bis 1,3 mm, selten grösser. Mittelhart gebrannt.
RDm = Randdurchmesser, Dmax. = Maximaler Durchmesser, BDm = Boderdurchmesser, H = Höhe.
Ein Eisenhut aus dem Steinachtal - Museum zum Anfassen
Bayreuth, 22. Juli 2023
Das Historische Museum Bayreuth hat wieder geöffnet! Genauer gesagt, am 13. Mai wiedereröffnet! Und natürlich waren wir schon dort um zu sehen was sich im Zuge der dreijährigen Renovierungsarbeit und der Erneuerung der Dauerausstellung so in punkto Mittelalter geändert hat. So einiges wie es scheint. Von den beiden Vitrinen in Foyer, steht nur noch Eine. Naturgemäß mit einer reduzierten Anzahl an Exponaten. Schade wie wir finden, ist das Mittelalter in der Bayreuther Stadtgeschichtsvermittlung doch deutlich unterpräsentiert.
Aber vielleicht ändert sich das doch gerade. Denn in der neuen Dauerausstellung liegt ein, zwar arg ramponierter aber relativ kompletter, Eisenhut (oder Schaller) mit Einschussloch. Höchstwahrscheinlich von einer Armbrust.
Das gute Stück ist eine Leihgabe des Historischen Verein für Oberfranken. Gefunden und später dann dem Verein übergeben wurde er vor rund 100 Jahren vom damaligen Besitzer des Pfeiferhaus (heute ein Gemeindesteil von Warmensteinach). Der wiederum hatte ihn unter einem Mauerversturz der Burgruine Wurzstein im Steinachtal geborgen.
Von der Burg selbst ist wenig bekannt. Nicht wann sie errichtet wurde, vermutlich im 11. Jahrhundert und nicht wann sie aufgegeben oder zerstört wurde. Nur das sie 1692 bereits eine Ruine war ist sicher.
Der Helm aber dürfte aus dem 15. Jahrhundert sein. Ein Vergleichsstück auf der Leuchtenburg in Thüringen, zeigt das. Nach Auskunft des Historischen Vereins, könnten der Helm und sein Träger Opfer des Bayrischen Krieg (auch Fürstenkrieg) 1459 bis 1463 geworden sein. Der tödliche(?) Armbrustschuss erfolgte dabei eindeutig von oben (siehe unteres Bild). Das lässt vermuten, dass der Helm von einem Angreifer oder Belagerer getragen wurde. Allerdings wäre es, wenn auch möglich, reine Spekulation, daraus zu schließen, dass der Helm bei der Zerstörung der Burg unter die herabstürzende Mauer geraten ist und somit das Ende der Anlage datierbar wäre.
Und genau von diesem ramponierten Helm haben das Historische Museum Bayreuth und der Historische Verein für Oberfranken e.V. ein Replik anfertigen lassen. Und das ist das eigentliche Hallo im "Museumsmittelalter". Nur leider, oder vielleicht zum Glück, steht das gute Stück eben nicht neben dem Original in der Vitrine. Vielmehr ist es der Museumspädagogik zugeordnet. Einfach mal schnell im Vorbeigehen einen Blick drauf werfen ist also nicht möglich. Aber ein Anruf oder eine Mail an die Museumspädagogik hilft da sicher weiter. Denn im Historischen Museum Bayreuth arbeitet ein sehr hilfsbereites Team, das sich, das wissen wir aus erster Hand, auch mal etwas mehr Zeit nimmt. Und dann könnt ihr das gute Stück nicht nur ganz genau anschauen, sondern auch in die Hand nehmen oder vielleicht ja mal schnell aufziehen … sofern es einem passt. Bis dahin müssen es die Bilder hier bei uns tun.
Bild oben und Mitte: Replik und Original im Historischen Museum Bayreuth.
Bild unten: Original bei der Vermessung im Archäologischen Museum Bayreuth 2015.