Es wurde auf dem Boden geschlafen - Auf der Suche nach der Quelle … Tipp bekommen

Bayreuth, 24. März 2024

Na also, geht doch! Vor ein paar Wochen (siehe 25. Februar 2024) haben wir hier im Blog, in die Runde gefragt, ob jemand von Euch weiß, woher die immer wiederkehrende Behauptung ursprünglich stammt, im Mittelalter hätten die Menschen auf dem Boden im Stroh geschlafen. Allenfalls zugedeckt mit dem eigenen Mantel. Wer hat das (vermutlich) als erster geschrieben, bzw. wer wird da immer wieder zitiert, haben wir gefragt.

Inzwischen haben wir einen Tipp bekommen. Und der lautet: Schaut doch mal in die "Fünf Bücher Deutscher Hausaltertümer - von den ältesten geschichtlichen Zeiten bis zum 16. Jahrhundert" von Moriz Heyne. Band 3, Körperpflege und Kleidung, von 1903. Gesagt getan! Und tatsächlich, es steht wörtlich so drin.

Merkwürdig nur, dass die Beschreibung der Schlafstätten mit einem Gestell beginnt. Einem Gestell auf dem es « (…) schon in Urgermanien Brauch gewesen (…) » sein muss, die Schlafunterlage auszubreiten/aufzuschichten.
Nichtsdestotrotz (was für ein schönes Wort) geht es ein paar Zeilen weiter zum Schlafen auf den Boden. So wörtlich: « In Bauernkreisen ist auch das Nachtlager in Heu- und Strohhaufen natürlich altbezeugt (…) » Das ist es ,was wir gesucht haben. Schlafen im Stroh auf dem Boden.

Weiter geht es dann allerdings schon komfortabler, mit dem Strohsack als alternative zum losen Stroh. Manchmal auch mit Laub oder Spreu gefüllt.

Auch angesprochen, das Bettzeug. Beginnend mit dem Betttuch oder -laken als notwendigstes Stück über dem losen Stroh, den Leilachen/Leinentuch, dem Federbett, Polster, Kissen in verschiedenen Größen und deren Bezügen. Schließlich die Decke. Und hier finden wir den Satz: « Als Zudecke des Schlafenden auf solchem Lager dienen, in alter Zeit wohl ausschliesslich, und in späterer vielfach, nicht Bettstücke, sondern Teile des Gewandes, besonders Oberkleid und Mantel, ferner eigene grosse Decken ». Ebenfalls genau das was wir gesucht haben. Zudecken mit dem eigenen Mantel!

Allerdings finden sich im selben Text auch Bettdecken beschrieben. Die, so heißt es, in "späterer Zeit" (Spätmittelalter?) « (…) wie die Kissen (…) » einen Überzug trugen.

Anzumerken wäre vielleicht noch, dass in den Hausaltetümern für folgende Sätze die Einordnung fehlt « In Bauernkreisen ist auch das Nachtlager in Heu- und Strohhaufen natürlich altbezeugt » und « Als Zudecke des Schlafenden auf solchem Lager dienen, in alter Zeit wohl ausschliesslich, und in späterer vielfach, nicht Bettstücke, sondern Teile des Gewandes, besonders Oberkleid und Mantel, ferner eigene grosse Decken ». Die Einordnung in Richtung Not- oder Gästebett oder vielleicht doch in Richtung Regelfall.

Aber macht euch selbst ein Bild von dem was Moriz Heyne vor über 120 Jahren geschrieben hat. Wir haben die dafür notwendigen drei der fünf Bände der "Hausaltertümer" HIER unten verlinkt. Am besten beginnt man, wenn’s ums Bett gehen soll, auf Seite 97 in Band 3 und folgt dann den Hinweisen zu Band 1 und 2 im Text.

Und zum Schluß noch eine Bitte. Wenn jemand von euch noch ältere Literatur kennt, in der es um das Schlafen auf losem Stroh gebettet und nur mit dem Mantel zugedeckt, geht, dann sagt es uns. Und wir sagen es garantiert weiter.


Fünf Bücher deutscher Hausaltertümer von den ältesten geschichtlichen Zeiten bis zum 16. Jahrhundert. Von Heyne, Moriz. Leibzig 1899-1903.
Band 1, Das deutsche Wohnungswesen.
Band 2, Das deutsche Nahrungswesen.
Band 3, Körperpflege und Kleidung bei den Deutschen.


Im Mittelalter schlief man auf dem Boden - Auf der Suche nach der Quelle

Bayreuth, 25. Februar 2024

Was jetzt kommt, ist durchaus ernst gemeint! Nämlich die Frage: Woher kommt es, dass man immer wieder hört oder liest, dass die Menschen im Mittelalter, sofern sie nicht adelig oder reich waren, auf dem Boden geschlafen hätten? Im schlimmsten Fall nur auf aufgeschüttetem Stroh. Zugedeckt, wenn überhaupt, mit dem eigenen Mantel.

Weiß irgendjemand da draußen, auf wessen Aussage da immer wieder zurückgegriffen wird?
Unser Gedanke dazu: Wer auch immer das zuerst in den Raum gestellt hat, könnte es damit zu tun haben, dass das Wort "Matratze", laut DWDS - Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute, vom italienischen "materazzo" entlehnt ist, dem wiederum das lateinische "matarazum" vorangeht. Ebenso wäre laut DWDS möglich dass "Matratze" dem mittelhochdeutschen "materaʒ" entstammt, dem wiederum das altfranzösische "materas" vorangeht, welches sowohl "Teppich" als auch "langes Kissen" bedeutet. Beide Varianten gehen aber wohl auf das arabische "maṭraḥ" zurück gehen, was wiederum für "Teppich auf dem man schläft", steht. Womit die Matratze, zumindest entymologisch, tatsächlich auf dem Boden zu liegen kommt.

Was meint ihr? Kennt ihr des Rätsel Lösung? Schreibt es uns.



Nach dem Geschäft - Wohin mit dem Scheiß

Bayreuth/Bamberg, 25. März 2023

Vielleicht erinnert ihr euch an "Die Stadt im Mittelalter war bunt - Und damit basta I + II" vom
16. und 27. Oktober 2022 hier bei uns im Blog. Da haben wir die Artikel "Es war ganz anders als im Film“ Teil 1 und Teil 2 von IN TERRA VERITAS in deren hauseigenen Online-Magazin gefeiert. Beide Beiträge zeigen hervorragend wie falsch das Vorurteil des grauen Mittelalters ist und wie bunt das Mittelalter dann eben doch war.

Wir sagten damals: "Endlich sagt's mal einer laut!" Und das sagen wir jetzt wieder! Diesmal zu "Das große Geschäft - Entsorgungseinrichtungen in Mittelalter und Neuzeit". Den neusten Video auf dem relativ neuen Youtubekanal ARCHÄOLOGIE kurz erklärt von IN TERRA VERITAS. Erneut geht ITV, namentlich Herr Julian Decker, mit dem eisernen Besen durch die Rumpelkammer der Vorurteile zum Thema (dreckiges) Mittelalter und zeigt eine Zeit die sich eben nicht ihren Hinterlassenschaften und deren Gestank ergab, sondern vielmehr sehr aktiv dagegen vorging.

Schaut unbedingt mal rein. Die rund 35 Minuten Zeit die Euch das kostet, sind gut investiert. Besonders die letzten zwei Minuten!

 

Bild: Rekonstruierter Abort (um 1300) im Freilichtmuseum Bachritterburg Kanzach im Landkreis Biberach. Das Herz in die Tür dürfte eher romanischer Natur sein, als historische Tatsache.


Die Kirchen im Mittelalter war auch bunt - Und damit basta III

Bayreuth, 26. November 2022

Hier noch ein Beispiel für „Buntes Mittelalter“. Kirchen! Sie waren bei leibe nicht, wie pauschal geurteilt, seit jeher steinsichtig graubraune „Sandsteinriesen“. Sie waren vielmehr bunt, regelrecht farbenfroh, an- und ausgemalt. Farbig gefasste Portale und Architekturelemente, gemalte Hintergründe für Skulpturen, Wandgemälde. Farbe wohin man schaut. Meist ist die ursprüngliche Farbenpracht aber verblast, übermalt oder entfernt worden. Aber hin und wieder eben doch noch er halten und sichtbar. Hier ein Beispiel aus unserem Bildarchiv.
St. Sebald zu Nürnberg. Hier waren (und sind) nicht nur die Heiligenfiguren farbig gefasst. Auch die Wände des Kirchenraums tragen, gealtert aber deutlich sichtbar, ihre bauzeitliche Farbfassung. Diese wurde zwar seit dem 16. Jahrhundert immer wieder übertüncht, aber 1903-06 im Rahmen eines Regotisierungsprogramms wieder freigelegt. So das der Kirchenraum heute (wieder) in seiner mittelalterlichen Farbigkeit zu sehen ist.
Und wenn euch das zu spät(mittelalterlich) ist, wie wär’s dann zum Beispiel mit dem Limburger Dom? Der trägt im Inneren größtenteils heute noch den Originalputz samt frühgotischer Fresken.
Neugierig geworden? Mehr zur Ausmalung von St. Sebald zu Nürnberg gibt es bei ICOSMOS - Hefte des Deutschen Nationalkomitees als PDF. Und mehr zur Ausstattung des Dom zu Limburg, u.a. bei MONUMENTE - Das Magazin der DEUTSCHE STIFTUNG DENKMALSCHUTZ.


Die Stadt im Mittelalter war bunt II - Und damit basta! II

Bayreuth, Bamberg, 27. Oktober 2022.

Das Team von IN TERRA VERITAS hat nachgelegt. Der zweite Teil der Serie zum bunten Mittelalter ist da. Der Titel: Es war ganz anders als im Film (Teil 2) – Die Innenräume im Mittelalter waren bunt. Zu lesen im Online-Magazin der Firma.
Wie schon nach dem ersten Teil, stellt sich uns auch hier wieder die Frage, wie hat es die Mär vom finsteren Mittelalter an den vielen (bunten) Zeitzeugnissen vorbei geschafft? Viel schlimmer noch, warum sie trotzt dem widersprechender Quellen, die hundertfach in Museen und Kirchen für JEDERMANN zu sehen sind, immer noch gepredigt wird … auch in Film und Fernsehen.

Nachtrag: Uns ist da noch ein Beispiel zur Archikekturfarbigkeit im Mittelalter eingefallen. Die sog Weberinnen- und Parzivalfresken im Haus zur Kunkel in Konstanz. Entstanden um 1320. Genau "unsere Zeit" also.
Für alle die sie noch nicht kennen, hier sind sie im Netz zu finden.

 

Bild: Meister der Pollinger Tafeln, Verkündigung an Maria, 1444 (Bildausschnitt), Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Alte Pinakothek München, CC BY-SA 4.0


Die Stadt im Mittelalter war bunt - Und damit basta

Bayreuth, Bamberg. 16. Oktober 2022

Endlich sagt's mal einer laut. Wer? Das Team von IN TERRA VERITAS in ihrem hauseigenen ITV-Magazin. In dem Beitrag: Es war ganz anders als im Film (Teil 1) - Die Stadt im Mittelalter war bunt. Unbedingt lesenswert und erhellend. Obwohl es bei Dürer und Kollegen, bei genauem hinsehen, mehr als deutlich zu sehen ist und damit als Neuigkeit schon ein paar hundert Jahre auf dem Buckel hat. Was es um so erstaunlicher macht, daß sich das Ammenmärchen vom dunklen, ach so grauen, Mittelalter so hartnäckig hält.
Wir jedenfalls feiern den Artikel und freuen uns auf Teil 2. Und den Moment, an dem wir feststellen das (nicht nur) bei Film und Fernsehen jemand dabei sein wird, der das gelesen und umgesetzt hat.

 

Bild: Gemalter Turm in Ravensburg, Roland Nonnenmacher via Wikimedia Commons, CC BY 3.0.