Nürnbergs schönste Fenster - Kurz und knapp V

Nürnberg, 27. Oktober 2024

Für Nürnberger wahrscheinlich ein alter Hut und allseits bekannt. Für Besucher der Stadt aber, weil gut versteckt hinter dem Gebäude Königsstraße 79, ein meist übersehenes Kleinod. Die ehemalige, 1385 geweihte, Pilgerspitalkirche St. Martha. Beziehungsweise ihre (noch erhaltenen) mittelalterlichen Fenster. Entstanden sind sie zwischen 1385 und 1430 und eine wahre Augenweide. Eben die schönsten Fenster der Stadt Nürnberg … unserer Meinung nach.

Dass die Fenster heute noch erhalten sind, ist übrigens einem mehr als glücklichen Zufall zu verdanken. Brach doch, es liefen gerade Renovierungsarbeiten, in der Nacht des 5. Juni 2014 im Dachstuhl der Kirche ein Feuer aus, das den Dachstuhl vollständig und das Gebäude schwerst beschädigte. Auch zwei der drei Glocken und die Orgel gingen dabei verloren. Glücklicherweise entgingen die wertvollen Kirchenfenster den Flammen. Sie waren zu diesem Zeitpunkt glücklicherweise, eben wegen jener Renovierungsarbeiten, ausgebaut.


Wurfgeld und Wallfahrtsgebühr - Alle für einen. Einer für alle

Bayreuth, 20. Oktober 2024

Schon mal was von Wurfgeld oder einer Wallfahrtsgebühr gehört? Nein? Wir bis vor kurzem auch nicht. Auch gesucht haben wir nicht danach. Wir sind vielmehr drüber gestolpert. In: Wachs als Rohstoff, Produkt und Handelsware - Hildebrand Veckinchusen und der Wachshandel im Hanseraum von 1399 bis 1421, von Peter Heinz Stützel. Natürlich wieder mal auf der Suche nach etwas ganz anderem.

Aber zur Sache. Wurfgeld bezeichnet einen Geldbetrag der gezahlt werden musste, wenn auf einem in Seenot geratenen Schiff Waren über Bord geworfen werden mussten, um das Schiff zu retten. Gezahlt wurde das Wurfgeld von den Kaufleuten deren Waren an Bord bleiben durften, an die Kaufleute deren Waren aufgegeben werden mussten. Die anteilige Höhe des zu zahlenden Wurfgeldes errechnete sich dabei aus dem Wert des Schiffes und der noch vorhandenen Ladung.

Und dann gäbe es da noch die Wallfahrtsgebühr. Sie wurde fällig, wenn das Schiff trotz der über Bord geworfenen Waren verloren schien. In diesem Fall schwor man, im Falle des Überlebens, eine Wallfahrt zu unternehmen. Überstand man nun die Seenot letztendlich, wurde jemand dazu bestimmt die Wallfahrt auch tatsächlich zu unternehmen. Finanziert eben durch die Wallfahrtsgebühr. Jeweils zu leisten entsprechen seines Anteils am Wert des Schiffes und seiner noch vorhandenen Ladung.

Der Vollständigkeit halber sei noch das Bergegeld erwähnt. Fast selbsterklärend, das hier der Bergelohn gemeint ist, den ein Kaufmann zu zahlen hatte, dessen Ware geborgen, und ihm zurückgegeben werden konnte. Möglich war die Rückgabe übrigens, weil die Waren in der Regel auf ihrer "Umverpackung", mit einer Handelsmarke versehen waren. Einem bildhaften Zeichen das es ermöglichte, Kaufmann und Ware einander zuzuordnen.

 

Bild: Kieler Hansekogge auf der Kieler Woche 2007. Nachbau der bei Bremen 1962 aufgefundenen Bremer Kogge von 1380. Fertigstellung des Nachbaus: 1991. VollwertBIT via Wikimedia Commons, CC BY 2.5.


GebrauchtBETTENhändler im Spätmittelalter - Kurz und knapp III

Bayreuth, 14. Juli 2024

Nur der Vollständigkeit halber! Neben den in unserem Blogbeitrag vom 8. Mai 2024 kurz angesprochenen Handel mit Altkleidern und Altschuhen, findet sich in der dabei zitierten Arbeit von Susanne Mosler-Christoph "Die Materielle Kultur in den Lüneburger Testamenten 1323 bis 1500", auch noch der Hinweis auf den Handel mit gebrauchten Betten und gebrauchtem Bettzeug. Also auch hier Secondhand. Dabei ist interessant, dass Gebrauchtbettenhandel und Altkleiderhandel scheinbar miteinander einhergingen (1). Allerdings lässt sich nicht herauslesen, ob der Altkleiderhändler dabei nur die Bettausstattung, oder auch das Bettmöbel übernahm.

Wobei mit den so vererbten Bettgestellen nicht die großen, fest eingebauten Betten gemeint waren. Diese wurden als Teil des Gebäudes angesehen und verblieben in diesem, sondern vielmehr die so genannten Tragbetten. Also Betten, die von ihrer Bauart her mobil und eben nicht fest mit dem Gebäude verbunden waren (2).

 

1) Mosler-Christoph 1998, S. 148
2) Ebd. S. 143f


Initiale Wenzelsbibel 1390-1400

Update bzgl. Wenzelsbibel digital - Kurz und knapp II

Bayreuth, 8. Juni 2024

Die Digitaledition der Wenzelsbibel (ca. 1390-1400) hat ein Update bekommen. Aktueller Stand jetzt: Version 3.0.0 vom 6. Mai 2024. Mit dem Update sind nun die Folios 1r bis 98v von den insgesamt 1214 Blättern der Bibel verfügbar.
Natürlich immer noch auf einem zweigeteilten Bildschirm. Zu Beginn sind die beiden Bildschirmhälften zum einen mit dem Faksimile von Folio 1r und zum anderen mit dessen Transkription belegt. Daneben stehen noch eine Lesefassung und die (Beschreibung der) Illuminationen zur Auswahl. Beide Bildschirmhälften können frei belegt werden. Man kann also z.B. links weiterhin das "Faksimile" einer Buchseite betrachten und natürlich auch hineinzoomen und rechts daneben, zu "Illuminationen" wechseln und dort eine Gesamtbeschreibung dieser Seite, eine Beschreibung der einzelnen Miniaturen und eine Beschreibung der Marginalien dieser Seite erhalten. Natürlich kann man auch (z.B.) Transkription und Lesefassung nebeneinander stellen. Ganz entsprechen dem eigenen Rechercheziel.

 

Bild: Illuminationen aus einer Kopie der Wenzelsbiibel, Josef Hák via Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 Deed


Waldglas - Eine vergängliche Schönheit

Bayreuth, 12. Mai 2024

Wer hat sich nicht schon einmal gewundert, dass mittelalterliches Glas dass in den Vitrinen der Museen zu sehen bekommt, egal ob Scherben oder vollständige Stücke, bis auf wenige Ausnahmen mehr oder weniger angegammelt wirken. Manche scheinen wie aus Milchglas, oder wirken wie von tausend Rissen durchzogen. Andere sind dunkelbraun durchgefärbt und wie aus einem anderen Material scheinend. Dann wieder Stücke, scheinbar mit einem Schmutzfilm oder einer Kruste überzogen. Manchmal (siehe rechts im Bild) so stark, dass man gar nicht glauben mag, dass es sich hierbei um Glas handelt. Alles ganz normal. Denn Glas ist eben nicht der unverwüstliche Stoff, an den modernes Glas uns denken lässt. Im Gegenteil, Glas "gammelt" quasi, wie man früher über Autos sagte, sobald es das Werk verlässt. Oder wie es korrekt heißen muss: Es korrodiert.

Aber nicht nur Waldglas korrodiert. Auch antikes und nachmittelalterliches Glas korrodiert. Chemisch gesehen geschieht dies durch das Eindringen von Wasser ins Material. Dort löst das Wasser dann Alkalianteile aus dem Flussmittel und ersetzt diese durch Wasserstoffionen aus dem Wasser. Dadurch werden die Siliziumoxidbindungen aufgelöst. Das Glas korrodiert. Die dabei entstehende Lauge beschleunigt die Auflösung weiter. Waldglas ist durch die als Flussmittel zugesetzte Holzasche und das darin enthaltene Kaliumkarbonat besonders anfällig für diesen Prozess. Ein Prozess der durch das für die Glasherstellung notwendige Flussmittel quasi vorprogrammiert ist. Allerdings machten Flussmittel die Herstellung von Glas erst möglich, da reiner Quarz(-sand) erst bei ca. 1700 Grad schmilzt, eine Temperatur die mit antiker oder mittelalterlicher Technik nicht zu erreichen gewesen war. Erst durch die Zugabe von mineralischem Soda oder Sodaasche und ab der Karolingerzeit im nordeuropäischen Mittelalter dann ersatzweise Holzasche (= Holzasche-Glas = Waldglas) als Flussmittel, war es möglich die Schmelztemperatur auf ca. 1100 Grad zu senken. Diese Erkenntnis und die Technik Feuer mit über 1000 Grad zu betreiben, geht übrigens bis in die mittlere Bronzezeit zurück und hat ihren Ursprung wohl in Mesopotamien und Ägypten. Zu uns gelangte die Technologie der Glasherstellung dann mit der römischen Expansion über die Alpen in das Gebiet des heutigen Deutschland erst im 1. Jahrhundert (nach Christus).

Neugierig geworden? Kein Problem! Hier noch etwas Lesestoff zu Thema.
Zuerst, primär zu Glaskorrosion bei antiken Gläsern: Die Inaugural-Dissertation von Katrin Wittstadt: Tiefenrisskorrosion an historischen Gläsern - Grundlegende Untersuchungen zur Klärung von Schadensursachen und dem Einfluss von Umgebungsbedingungen, von 2017.

Dann noch zu Glaskorrosion an mittelalterlichen Waldglas: Abschlussbericht zum „Waldglasprojekt“ der Deutschen Bundesstiftung Umwelt - Die modellhafte Bergung, Konservierung und Restaurierung umweltgeschädigter archäologischer Funde am Beispiel mittelalterlicher Gläser aus dem Weserbergland, von 2018.

Und zuletzt zu Glaskorrosion an Glas ab dem 17. Jahrhundert: Ein Artikel aus der Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Band 59. Andrea Schwarz: "Kranke" Gläser : Formaldehydemission und Glaskorrosion - Untersuchungen am Beispiel der Glassammlung des Schweizerischen Landesmuseum, von 2002.

 

Im Bild links: Scherbe eines Nuppenbechers "Schafhausener Typ". Mitte/Ende 14. Jahrhundert. Bayreuth, Grabung "Ehemalige Schmidgasse".
Im Bild rechts: Hals einer Flasche mit Stauchring (doppelkonische Flasche). Mitte/Ende 14. Jahrhundert. Bayreuth, Grabung "Ehemalige Schmidgasse".


Kleidungserwerb im Spätmittelalter - Der Mägde* neue Kleider

Bayreuth, 5. Mai 2024

Meist blickt der moderne Mensch von ziemlich weit oben herab, wenn er Magd und/oder Knecht hört. Am Hungertuch nagend, ohne Hab und Gut, rechtlos und ärmlich gekleidet. Soweit das Vorurteil zum Auftretten von Knechte und Mägde im Spätmittelalter und darüber hinaus. Doch so ganz stimmt das nicht, und vielleicht ist es an der Zeit, an diesem Vorurteil ein wenig zu rütteln … für dieses Mal, an der Sache mit der Kleidung.

Denn eigentlich waren Knechte und Mägde, wie man sie auch noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein kannte, nach heutigem Sprachgebrauch eher Angestellte. Dienstleister, fest angestellt in Haus, Hof, Handel oder Produktion. Und in jedem Fall und egal ob zum Beispiel Küchenmagd oder Fuhrknecht, gut ausgebildet und wissend was, wann und wo etwas zu tun ist, damit "der Laden" läuft, in dem sie angestellt sind. Und natürlich mit festem Einkommen. Gegebenenfalls sogar noch mit Kost und Logis im Haus des Arbeitgebers. Sie hatten also genug Geld um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Und natürlich auch für Kleidung.

Doch zurück zum Kleidungserwerb. Dieser erfolgte im Mittelalter auf vielerlei Arten. Die aus heutiger Sicht am naheliegendste, ist der Kauf (fertiger) Kleidung. Da es aber für die meisten Mägde und Knechte dann doch unerschwinglich war, Neuware bei Näherin oder Schneider zu kaufen, kaufte man eher secondhand. Im Altkleider- und Altschuhhandel. Der hatte im Mittelalter nämlich die Stellung, die heute der Konfektion zukommt (1). Man kaufte was passte und was man sich leisten konnte.

Und dass das was man dort an Kleidung kaufen konnte, durchaus auch seinen Wert und damit auch Qualität hatte zeigen indirekt die Lüneburger Testamente. Dort wird mehrfach der Verkauf von Hausrat UND Kleidung gewünscht, um das eigene Begräbnis zu bezahlen (2).

Aber zurück zum Thema! Es gab auch Fälle in denen man für den Erwerb seiner Kleidung selbst nur teilweise aufkommen musste. Da wären die Kleiderdeputate. Gezahlt als Teil des Lohns. Zum Beispiel an das Personal in wohlhabenden Adels- oder Bürgerhaushalten. Galt es hier doch in besonderem Maße, das Haus auch durch das Erscheinungsbild des Personals nach außen zu repräsentieren. (3). Auch farbenfroh und der Mode folgend, wie es sehr schön an dem Knecht, ganz links im unteren Bild zu sehen ist.

Gleiches findet man für das Personal das, wie man heute sagen würde, bei der Stadt angestellt war. Auch hier finden sich neben dem Lohn, Tuchgaben und/oder Geldzahlungen für Kleidung. Für Nürnberg als Beispiel, in den Verwaltungsämtern für den Gehilfen des Pfänders, neben dem Gehalt auch einen jährlichen Bekleidungszuschuß (4). Und unter den Ausgaben für die Ämter der Allgemeinen Verwaltung, den Posten "Die Bekleidung der Amtleute". Darunter, ausdrücklich für Bekleidungszwecke, mehrfach Tuch und einmal, eine Geldzahlung zur Anschaffung von Dienstkleidung. Dabei wurde das Tuch von der Stadt eingekauft und an Pfingsten an die Amtleute verteilt. Darunter auch Knechte (5). Auch hier ist anzunehmen, dass die Stadt auf diese Weise dafür sorgte, dass auch das Personal repräsentabel auftrat. Allerdings schweigt sich die Quelle darüber aus, wo das neue Kleidungsstück hergestellt wurde. Oder wohin man das Tuch brachte, um das benötigte Kleidungsstück anfertigen zu lassen. Näherin oder Schneider wären hier denkbar.

Neben der Zuwendung von Tuch oder Geld für Kleidung durch den Arbeitgeber, finden sich auch Zuwendungen in Form von Erbschaften. Neben Möbeln, Küchenutensilien oder Schmuck, gelangten auch Kleidungsstücke aus dem Nachlass der Herrschaft in den Besitz des Hauspersonals (6). Zwar war das den Lüneburger Testamenten folgend, eher selten der Fall, in erster Linie vererbte man an Angehörige, ist bei den Gaben an Hauspersonal auffällig, dass die vererbten Kleidungsstücke (ausdrücklich) von bester Qualität waren (7). Auch hier also, Knechte und Mägde die auf der Straße, nicht unbedingt als solche zu erkennen waren. Und dass das Hauspersonal auch mehr als das Nötigste besitzen konnte, zeigt das Testament einer 1443 verstorbenen Magd. Sie hinterließ neben ihren Möbeln auch Wertgegenstände, Barvermögen und Kleidung. Darunter auch Pelze. Ihre Begräbnisfeierlichkeit übrigens, kam denen wohlhabender Bürger nahe (8).

 

* und Knechte und Taglöhner und Gesellen und und und.

1+2) Mosler-Christoph 1998, S. 101

3) Rippmann 1995, S. 40

4) Sander 1902 S. 218

5) Ebd. S. 439f.

6) Mosler-Christoph 1998, S. 322 und 268

7) Ebd. S. 231

8) Rippmann 1995, S.16ff.

Bild - Altkleiderhändler: © Holger Heid

Bild - Die Geburt der Jungfrau Maria (Bildausschnitt), Oberrheinischer Meister um 1410. Strasbourg, Musée de l’Œuvre Notre-Dame via Wikimedia Commons. CC BY-SA 2.0 DEED. Stand 20. April 2024.


Pilgerzeichen II - Wohin mit dem Kram?

Bayreuth, 14. April 2024

Tatsächlich eine gute Frage. Was geschah mit den Abertausend von Pilgerzeichen, nachdem die Pilger wieder zu Hause waren? Was geschah mit den Zeichen, wenn sie nicht an Hut, Tasche oder Kleidung verblieben? Weiter getragen als äußeres Zeichen der eigenen Frömmigkeit, als Souvenir zur Erinnerung oder als Schutz vor den Unbilden des Lebens. Und wie jede gute Frage verdient auch diese eine Antwort. Und damit die einigermaßen fundiert ausfallen kann, haben wir noch einmal nachgelesen. Und gefunden haben wir:

Pilgerzeichen in Gräbern. Sie liegen dort häufig im Brust- und Hüftbereich des Verstorbenen (1). Wobei hier nicht immer zu klären ist, ob der Verstorbene auf seiner Heimreise oder später in der Heimat verschieden ist. In letzteren Fall, hätte er sein Pilgerzeichen bis zu seinem Tod getragen oder aufbewahrt.

Pilgerzeichen in Kirchen abgelegt. Tatsächlich schien es häufige Praxis gewesen zu sein Pilgerzeichen im oder am Altar zu deponieren. Ebenso im Chorraum. Galt doch der Chorraum als sakrosankt (unantastbar/unverletzlich) und somit geeignet um dort nicht benötigte religiöse Gegenstände zu verwahren. Darunter eben auch Pilgerzeichen (2).

Pilgerzeichen in Stunden- oder Gebetbüchern. Tatsächlich findet man in solchen Büchern Pilgerzeichen oder Brakteaten (Pilgermedaillen) eingenäht, die ursprünglich nicht zum Buch gehörten. Sie funktionieren dort dann gewissermaßen als Andachtsbild. Eine Praxis die seit der Mitte des 15. Jahrhundert zu beobachten ist (3).

Pilgerzeichen als Devotionalien in Haus und Hof. Hierfür sprechen gelegentlich gefundene Pilgerzeichen die auf kleinen, einem Bildstock ähnlichen und oben durchlochten Brettchen angebracht waren, welche man wohl in Haus oder Stall aufhängte. Ebenso auch Pilgerzeichen und Pilgerampullen, welche anscheinend von Nägeln durchbohrt waren und so, wohl direkt an entsprechender Stelle, in Haus oder Stall festgenagelt waren (4).

Pilgerzeichen(abgüsse) auf Kirchenglocken. Das Pilgerzeichen diente dabei gewissermaßen als Model für seinen eigenen Abguss und erweiterte so die eigentliche Verzierung der Glocke.

Ob die Pilgerzeichen dafür vom Glockengiesser oder der Gemeinde angeschafft, oder von einem Gemeindemitglied gestiftet wurden, ist unklar. Ebenso, inwieweit das abgegossene Pilgerzeichen blosses Zierrat war oder evtl. die apotropäische (Unheil abwendende) Wirkung der läutenden Glocke verstärken sollte (5).

Pilgerzeichen als Altmetall. Recycling ist keine Erfindung unsere Zeit. Nein, auch das Mittelalter kannte diese Art der Rohstoffgewinnung. Und nicht nur für Metall bzw. Zinn. Dass dabei auch Pilgerzeichen recycelt wurden zeigt eine Textquelle von 1474 und Pilgerzeichen im archäologischen Befund von metallverarbeitenden Werkstätten (6).

Pilgerzeichen in Flüssen und Hafenbecken. Hier kämen in Frage, dass sie einfach nur verloren gingen oder aber, ins Wasser entsorgt wurden. Möglich auch, dass sie bei einem apotropäischen Akt ins Wasser gelangt sind (7). Denkbar wäre ebenso, dass sie beim Verladen von Altmetall auf ein Schiff über Bord gegangen sind (8).

Pilgerzeichen zu Geld gemacht. Das lässt sich 1396 für Wilsnack-Pilger belegen. Sie hatten ihre Pilgerzeichen weiterverkauft (9). Eine Praxis die vielleicht auch in die nächsten beiden Punkte hineinspielen dürfte. Ebenso in den oben bereits erwähnten Altmetallhandel.

Pilgerzeichen als Sammelobjekt. Belege dafür finden sich in diversen erhaltenen Rechnungsbüchern. Selbst Herzöge und Könige sind dort unter den Käufern/Sammlern aufgelistet. Eine Passion der tatsächlich auch noch nach dem Thesenanschlag Luthers nachgegangen wurde (10).

Pilgerzeichen und ihr krimineller Missbrauch. Diesen zeigen Altarbilder des 15. und 16. Jahrhunderts mittels Bettlern die ein Pilgerzeichen tragen. Eine wohl tatsächliche Praxis, mir der sich die Bettler als besonders gläubig darstellen wollten. Und eine Praxis die zu einem erhöhten Misstrauen unter der Bevölkerung gegenüber Personen mit Pilgerzeichen führte. War es doch damit schwierig, den professionellen Bettler von einem wirklich bedürftigen Pilger zu unterscheiden.

Überliefert sind auch Fälle, in denen sich Kriminelle als Pilger (samt Pilgerzeichen) verkleideten, um tatsächliche Pilger zu überfallen und auszurauben (11).

 

1) Haasis-Berner 1999, S. 274

2+3) Haasis-Berner 2002, S.69

4) Blick 2019, S. 174

5) Haasis-Berner 2002, S.69

6) Carina Brumme 2008, S. 133

7) Döring 2012, S.28

8) Brumme 2008, S. 132

9) Haasis-Berner 2002, S. 70

10) Herbers/Kühne 2013, S. 8f

11) Haasis-Berner 2002, S. 69f

 

Bild oben: Große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse), Folio 371r (Bildausschnitt). Meister Johannes Hadlaub als Pilger verkleidet, um die Gelegenheit zu bekommen, seiner Dame einen Brief an den Mantel zu heften. CC-BY-SA 4.0 DEED

Bild unten: Holztäfelchen mit zwei Pilgerzeichen. Frei nach einem Original aus Amsterdam.


Stadtführung in Nürnberg - Ab ins Mittelalter … mit De Timmermansche

Bayreuth/Nürnberg, 31. März 2024

Keine Stadt mit entsprechender Vita, ohne historische Stadtführung. Auch Nürnberg nicht. Viel Geschichte und dementsprechend viele historische Stadtführungen. Und zu einer waren wir vor ein paar Tagen eingeladen. Aber nicht zu irgendeiner, sondern zu einer ganz besonderen. "De Timmermansche vor Ort - unterwegs".

Was daran so besonders ist, lässt sich am besten mit einem Zitat von ihr beschreiben: « (…) wie ein Museum und ein Stadtrundgang in einem und irgendwas dazwischen ». Und genau das ist es. Ein Spaziergang durch die "Sebalder Altstadt". Zwischen Tiergärtnertor und den Fleischbänken. An den Stationen wie zum Beispiel dem Dürerhaus, dem (ehemaligen) Badehaus am Weinmarkt oder der Sebalduskiche, zack, wird der Spaziergang zum Museum. Repliken spätmittelalterlichen Hausrats. Nürnberger Vierpässe, ein Aquamanile, eine Laterne und und und. Nicht nur zum Anschauen, sondern auch zum Anfassen. Dazu eine geballte Ladung Wissenswertes. Was kostete eigentlich so ein Stadthaus, wie es hier entlang der Gassen steht, was verdiente ein Handwerker, oder was gab man fürs Essen aus. Wie war das mit den Badehäusern, den Gasthäusern oder dem Einkauf auf dem Markt? Also Dinge und Fakten des Alltäglichen, die wir so noch bei keiner Stadtführung gesehen oder gehört haben. Und das ist es, was diese Stadtführungen so besonders macht. Sie entführt einen nicht (schon wieder) in das so oft gehörte 3K-Mittelalter (Krone-Kirche-Krieg) voller Zahlen und Namen, sondern vielmehr in das Mittelalter der Menschen wie du und ich. Kaufleute, Krämer, Handwerker, Mägde, Knechte oder Taglöhner. Und wie so eine "normale" Nürnbergerin damals ausgesehen haben könnte, führte De Timmermansche gleich noch selbst vor. Vom Kopftuch bis zum Wendeschuh, in historisch korrekt, rekonstruierter, Kleidung des späten 14. Jahrhunderts. Meist in der Darstellung einer Köchin, wie sie vielleicht in einem der Wirtshäuser am Weinmarkt gearbeitet haben könnte. Manchmal aber auch als Jakobspilgerin, haben wir uns sagen lassen.

Lust bekommen? Auf Museum zu Fuß, von und mit De Timmermansche vor Ort - unterwegs? Dann schaut mal HIER nach ihren Terminen. Oder HIER zu den Terminen ihrer Zeitreise-Kirchenführung in der Sebalduskirche.


Nürnberger Kleiderordnung - Nicht wirklich … oder

Bayreuth, 17. März 2024

Schaut mal was uns in die Hände gefallen ist. "Die Mode im alten Nürnberg", von Julia Lehner.
Da haben wir natürlich sofort reingeschaut. Das meiste davon war uns natürlich und ist sicher auch euch, längst bekannt. Einschränkungen von Weite oder Länge von Kleidungsstücken, zu verwendende oder untersagte Materialien. Maximale Kosten für ein Kleidungsstück oder einen Gürtel, unerlaubtes Zierrat und und und. Ihr wisst was wir meinen. Aber das eine oder andere, hatten wir so aber nicht auf dem Schirm. Manches davon ziemlich kurios. Und manchmal auch zum schmunzeln. Hier unsere Top "Nicht wirklich … oder" der Herrenmode des 14. und 15. Jahrhunderts:

Platz 5: Anfang des 14. Jahrhunderts war es Mode, das Oberleder der Schuhe (dekorativ) durchbrochen zu tragen. Teilweise wohl auch so sehr stark, dass kaum noch Oberleder übrig blieb. Die Kleiderordnung von 1315/30-60 verbot jedenfalls, derart « zerhauene oder zerschnittene Schuhe » zu tragen.

Platz 4: Männer trugen wohl auch mehrere Gürtel gleichzeitig. Die Kleiderordnung von 1382-15. Jh. schreibt jedenfalls vor, dass sich der Mann mit nur einem Gürtel begnügen sollte.

Platz 3: Bei Männern scheint es üblich gewesen zu sein, den Paternoster (Gebetsschnur) hinten im Gürtel (über das Hinterteil hängend) zu tragen. Mit der Kleiderordnung von 1315/30-60 ist dies zu unterlassen. Stattdessen soll der Paternoster seitlich vorne getragen werden.

Platz 2: Noch zu Beginn des 14. Jahrhunderts, trug der Herr seine Haare, heute würde man sagen, Fokuhila. Mit der Zeit wurden sie aber immer kürzer geschnitten und der Scheitel kam in Mode. Und genau dieser Scheitel wurde in der Kleiderordnung von 1315/30-1360 verboten. Man(n) sollte seine Haare vielmehr wie“ « von alters her » tragen.

Platz 1: Offenbar wurden Paternoster von Männern auch um den Hals oder auf den Kopf getragen. Jedenfalls verbietet die Kleiderordnung von 1382-15. Jahrhundert das Tragen der Paternoster um den Hals oder auf dem Kopf.
Ach ja! Falls wir euch jetzt auf eine Idee gebracht haben, vergesst es. Ihr (egal ob Familie oder im Haus lebendes Personal) müsst nämlich zuallererst an eurem Familienvorstand vorbei. Der ist nämlich der Erste der für die Einhaltung der Regeln … auch Kleiderordnungen verantwortlich und auch dafür haftbar ist, sollte jemand aus seinem Haus dagegen verstoßen.
Und falls ihr es doch irgendwie schafft, an ihm vorbeizukommen oder ihr euer eigener Herr sein solltet, lasst euch nicht vom Pfänder erwischen. Das würde euch teuer zu stehen kommen, und das gute Stück wärt ihr auch los.

 

Alle Angaben aus: Lehner, Julia: Die Mode im alten Nürnberg - Modische Entwicklung und sozialer Wandel in Nürnberg, aufgezeigt an den Nürnberger Kleiderordnungen. Schriftreihe des Stadtarchivs Nürnberg, Band 13. Nürnberg 1984. Kapitel IV.2.1."Die modische Bekleidung des 14. und 15. Jahrhunderts - Männerkleidung"


Pilgerzeichen - Massenhaft und weitgereist

Bayreuth, 10. Februar 2024

Noch sowas aus unserer Sammlung. Pilgerzeichen. Sie sind allerdings nur bedingt eine Erfindung des Mittelalters. Denn die Mitnahme von Pilgerandenken, sogenannten Eulogien lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen (1). Genauer gesagt, bis ins 4. Jahrhundert. Solche Eulogien bestanden aus Staub, Öl oder Wasser, welche in den Pilgerzentren der heiligen Orte durch Kontakt mit Reliquien geheiligt wurden. Diese wurden dort eigens für die Pilger hergestellt und üblicherweise an diese verschenkt. In großen Pilgerzentren wurden neben den Eulogien selbst auch geeignete Behältnisse für deren Transport hergestellt, welche dann, im Gegensatz zur eigentlichen Eulogie, an die Pilger verkauft wurden. Für Flüssigkeiten waren dies Ampullen aus Bleiguss oder Keramik.

Staub(eulogien) wurden dazu mit Ton vermischt und zu Medaillons geformt. Beides wurde mit szenischen Darstellungen mit Bezug zum Verehrungsort verziert. Verwendung fanden Eulogien dann in der Heimat, bei der Behandlung von Krankheiten und/oder als Schutz vor den verschiedensten Übeln.

Diese Wirkung wurde dann im 5./6. Jahrhundert, mit der da aufkommenden Bilderverehrung auf Heiligenbilder übertragen. Unter den zahlreichen erhaltenen Objekten dieser Art, finden sich auch frühbyzantinische Medaillons mit Darstellungen die man auch von Eulogien(behältern) her kennt. Allerdings enthalten sie keine geheiligten Substanzen, wurden aber dennoch ebenfalls als Devotionalien oder Pilgerandenken betrachtet (2).

Doch zurück zu den mittelalterlichen Pilgerzeichen. Auch sie werden am Wallfahrtsort erworben. Allerdings haben sie, und das ist neu, neben ihrem religiösen Charakter, primär die Funktion ihren Träger, nach außen sichtbar, als (erfolgreichen) Pilger zu kennzeichnen. Quasi auszuweisen.

Beobachten lässt sich diese Art "Ausweis", in Form der Jakobsmuschel (oberes Bild) bereits seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert. Die hier ebenfalls gezeigten Pilgerzeichen (unteres Bild) aus einer Blei-Zinn-Legierung, sie werden in steinernen Modeln gegossen, finden sich dann ab der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts. In Deutschland wohl erst mit Beginn des 13. Jahrhundert. Diese frühen Exemplare waren in Flachguss ausgeführt. Meist mit durchgehender Oberfläche, welche die Darstellung als erhabenes Relief trägt. Etwa ab der Mitte des 14. Jahrhunderts werden diese dann von Stücken in filigranem Gitterguss sukzessive abgelöst. Bei dieser Technik trägt und bildet das namensgebende Gitter die Darstellung. Ab dem Ende des 15. Jahrhunderts finden sich dann auch noch Pilgerzeichen aus einseitig geprägtem Blech. So genannte Brakteaten (3). Ab der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts finden sich dann auch Pilgerzeichen aus Edelmetall (Gold, Silber und vergoldetes Silber). Zuerst in Frankreich und den Niederlanden. Im übrigen Europa jedoch erst um ca. 1500. Gehäuft schlußendlich im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts (4).

In die Zeit des Übergangs vom Flach- zum Gitterguss fällt übrigens auch die Blütezeit der Pilgerzeichenproduktion. Man schätzt dass im mittelalterlichen Europa an mindestens 500 Kirchen Pilgerzeichen verkauft wurden. Spitzenreiter dürfte dabei Aachen gewesen sein. Auch wenn dazu keine Daten vorliegen. Für die Wallfahrt zur Schönen Maria von Regensburg jedenfalls, stehen für die Jahre 1519 bis 1523, zehn- bis zwanzigtausend verkaufter Pilgerzeichen jährlich. Um nur eine Zahl zu nennen. Insgesamt dürften zwischen dem Ende des 12. Jahrhundert und dem beginnenden 17. Jahrhunderts, als die Herstellung von Pilgerzeichen europaweit zum Erliegen kam, viele Millionen Pilgerzeichen hergestellt worden sein (5).

Neugierich geworden? Dann empfehlen wir Euch die Publikationen zur Ausstellung "Wallfahrt kennt keine Grenzen" im Bayerisches Nationalmuseum München 1984, das Buch "Pilgerzeichen - Pilgerstraßen" von Klaus Herbers und Hartmut Kühne und natürlich, hier im Netz, die Pilgerzeichendatenbank.

 

Im unteren Bild links: St. Ursula, Köln, 1325-1400.
Im unteren Bild rechts: Heiltumsweisung, Aachen. 2. Hälfte 14. Jahrhundert.
1) Herbers 2013, S. 9
2) Schäfer 2018, S. 327f.
3) Herbers 2013, S. 9ff.
4) Haasis-Berner 2002, S. 67.
5) Herbers 2013, S. 11ff.


Wenzelsbibel digital - kommet, sehet, staunet

Bayreuth, 3. Februar 2024

Wir haben da einen Tipp bekommen … zu einer der prachtvollsten Ecken des 14. Jahrhunderts. Danke dafür nach Nürnberg!

Die Wenzelsbibel (ca. 1390-1400) gibt's jetzt nämlich als digitale Edition der Österreichischen Nationalbibliothek. Das Ganze scheint ziemlich "druckfrisch" und noch im Wachsen zusein. Laut Homepage, Stand heute, in der Version 2.2.0 vom 25. Januar 2024. Aber das was man bis jetzt schon zu sehen bekommt, begeistert.

Am genialsten finden wir die Zweiteilung des Bildschirms. Zu Beginn sind die beiden Bildschirmhälften zum einen mit dem Faksimile von Folio 1r und zum anderen mit dessen Transkription belegt. Daneben stehen noch eine Lesefassung und die (Beschreibung der) Illuminationen zur Auswahl. Beide Bildschirmhälften sind jedoch frei belegbar. Man kann also z.B. links weiterhin unter "Faksimile" eine der Buchseite betrachten und natürlich auch hineinzoomen und rechts daneben, zu "Illuminationen" wechseln und dort eine Gesamtbeschreibung dieser Seite, eine Beschreibung der einzelnen Miniaturen und eine Beschreibung der Marginalien dieser Seite erhalten. Natürlich kann man auch (z.B.) Transkription und Lesefassung nebeneinander stellen. Ganz entsprechen dem eigenen Rechercheziel.

Aber macht euch doch selber ein Bild. Stand und Pferdefuß derzeit noch, bisher sind "nur" die Folios 1r bis 53r von den insgesamt 1214 Blättern der Bibel verfügbar. Macht aber nix, das Projekt ist ja noch jung und, wie schon gesagt, im Wachsen begriffen. Es wird also. Wir auf jeden Fall, freuen uns jetzt schon auf das nächste "Update" der Wenzelsbibel.

 

Bild: Illuminationen aus einer Kopie der Wenzelsbiibel, Josef Hák via Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 Deed


Archäologie in 700 Jahren - Aus gegebenem Anlass

Bayreuth, 2. Dezember 2023

Ihr erinnert Euch doch sicher noch an unseren Sammler von Vierpassbechern (siehe 24. April 2023). Seine Sammlung hat ungewöhnlichen Zuwachs bekommen. Einen RECUP-Pfandbecher. Der stand da eines Tages zwischen den vielen Vierpässen auf dem Regal. Und wie in jedem Vierpass unseres Sammlers befand sich auch in diesem Becher ein Zettel mit Fundort/Grabung und Datierung. Darauf zu lesen: Nürnberg, Augustinerstraße, Anfang 21. Jahrhundert. Genau unser Humor.

Und für uns Anlass, diesen Becher kurz mal als tatsächlichen Fund zu betrachten und hier in die Runde zu fabulieren was, sagen wir mal im Jahr 2723, in der Ausstellung "Schlaglichter aus dem Nürnberg der zweiten Moderne" auf der Vitrine über diesen Becher zu lesen sein wird?

Vielleicht folgendes:

Ach ja: Der Becher steht übrigens immer noch da wo er so überraschend aufgetaucht ist und soll auch weiterhin dort stehenbleiben.


Rutland Psalter - Das Buch der Drachen

Bayreuth 19. November 2022

Keine Ahnung warum uns der um 1260 entstandene Rutland Psalter, beim Suchen in den digitised manuscripts der British Library, aufs Tablet gefallen ist. Und nein … wir haben nicht im 13ten und nicht nach Drachen gesucht.

Aber dieser Zufallstreffer ist großartig. Seite für Seite. Folio 8v bis 143r, der eigentliche Psalter, bis ins Detail illustriert. Nähte an der Kleidung (u.a. Folio 41r), beschlagene Gürtel (Folio 48v), verzierte Dolchscheiden (Folio 34r), Musikinstumente (u.a. Folio 73v) und und und. Personen in der Bewegung eingefangen, wie auf einem Foto (u.a. Folio 62v). Erstaunlich aber eigentlich, neben den ebenfalls zu erwartenden Darstellungen von Mensch und Tier, Mischwesen, Monstren, Drachen … noch mehr Drachen und … noch mehr Drachen. In Unzahl. Streckenweise bekommt man tatsächlich den Eindruck eines "Buch der Drachen". Schaut mal rein. Es lohnt sich. Nicht nur wegen der Drachen.
Auch erstaunlich, eine Kurzumfrage unter unseren Freunden und Bekannten aus dem 13ten zeigte, kaum jemand kannte den Rutland Psalter. Bis jetzt.


600 Jahre Kontinuität - Never change a running system

Bayreuth, Nürnberg 8. November 2022

Seht mal über was man unterwegs so stolpert. In Nürnberg wird der Christkindlesmarkt aufgebaut. Eigentlich nichts besonderes zu dieser Jahreszeit und damit nicht der Rede wert, könnte man meinen. Aber schaut euch mal die Buden genau an. Wie sie im Kern aussehen, bevor die Händler ihre riesigen Auslagen davor aufbauen und alles bunt dekorieren. Kommen sie euch nicht irgendwie bekannt vor? Nein? Ein Tipp: Nürnberg ca. 1425! Klingelt’s? Also zumindest bei den 15tes-Darstellern sollte es das! Nicht? Dann schaut mal in die Hausbücher der Mendelschen Zwölfbrüderhausstiftungen. Genauer, Mendel I, Folio 38 verso.